Der Österreichische Verband für Deutsch als Fremdsprache*Zweitsprache (ÖDaF) unterstützt die Forderung nach adäquaten Arbeitsbedingungen für Deutschlehrkräfte in der Erwachsenenbildung.
Im Rahmen der laufenden Verhandlungen zum Kollektivvertrag für private Bildungseinrichtungen (BABE-KV), der für die Arbeits- und Gehaltsbedingungen vieler Deutschlehrkräfte in Deutsch-Integrationskursen konstitutiv ist, wird eine Lohnerhöhung von mindestens 15 % gefordert. Zur Durchsetzung dieser Forderung wurde am 3. und 4. Mai 2023 von gewählten Betriebsrät*innen und der Gewerkschaft GPA ein mindestens dreistündiger Warnstreik durchgeführt.
Der ÖDaF, der die Professionalisierung und Qualitätssicherung im DaF/DaZ-Unterricht in Österreich als zentrales Anliegen vertritt, unterstützt die Forderung nach einer entschiedenen Verbesserung der Gehaltsverhältnisse im DaZ-Lehrberuf. Diese Forderung lässt sich überzeugend aus den vielfältigen professionellen Anforderungen im Berufsfeld ableiten:
Bei Deutschkursen im öffentlichen Auftrag handelt es sich um Kursformate, die eingehende Unterrichtsplanungen, intensive Vor- und Nachbereitungen sowie eine ständige Reflexion der Unterrichtspraxis und der pädagogischen Kommunikation mit Teilnehmer*innen, Kolleg*innen und Kurskoordinator*innen erfordern. Für staatlich verantwortete Deutschkurse sind diese Anforderungen in Österreich in der „Rechtsvorschrift zur Integrationsvereinbarungsverordnung“ verbindlich beschrieben[1].
Die in diesem Dokument formulierte Festlegung auf ein handlungsorientiertes und binnendifferenzierendes Sprachlehr und -lerngeschehen bedeutet das grundsätzliche Anerkennen, dass für einen effektiven DaZ-Unterricht weit über die unmittelbare Lehrtätigkeit im Unterricht hinausgehende sogenannte „unterrichtsbezogene Zusammenhangstätigkeiten“ gefordert sind. Sie lassen sich im Einzelnen folgenden Aufgabenbereichen zuordnen:
a) Unterrichtsplanung, Unterrichtsvor- und -nachbereitung
Von zentraler Bedeutung für jede Unterrichtseinheit ist die Unterrichtsplanung und -vorbereitung. Vor Beginn und während eines Kurses gilt es einen konkreten Lehr-Lernplan zu entwickeln und an die Bedürfnisse und Erfordernisse der jeweiligen Gruppe anzupassen. Die Nachbereitung des Unterrichts beinhaltet nicht bloß die kontinuierliche (Selbst-)evaluierung von durchgeführtem Unterricht, sondern auch die Betreuung sprachdidaktisch begründeter schriftlicher Sprachproduktionen und Übungen, d.h. Kommentierungs- und Korrekturarbeiten außerhalb der reinen Kurszeiten.
b) Pädagogische Kommunikation
Regelmäßige Teamsitzungen und (informelle) Arbeitsgruppen, in denen organisatorische Abläufe und Inhalte für den Unterricht diskutiert, koordiniert und gemeinsame Entscheidungen getroffen werden, stellen einen weiteren unterrichtsbezogenen Tätigkeitsbereich dar, ohne den professionelle Bildungsarbeit nicht gelingen kann.
c) Fortbildung- und Weiterbildung
Die Reflexion der eigenen Unterrichtspraxis und fachbezogene Weiterbildung zählt zu jenen beruflichen Verpflichtungen, denen Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung typischerweise aus eigenem Bestreben nachkommen müssen, um dem vorausgesetzten Anforderungsprofil auf längere Sicht gerecht werden zu können.
d) Administrative Tätigkeiten
Die starke Verrechtlichung von staatlich geforderten und geförderten Deutschkursen hat den bürokratischen Aufwand zu deren Durchführung stark vergrößert. Vielfach gehen solche administrativen Aufgaben weit über die Dokumentation des Unterrichtsgeschehens und eine (schriftliche) Kommunikation über unterrichtsrelevante Belange hinaus. Sie werden aber in vielen Bildungseinrichtungen unbezahlt an DaF-/DaZ-Lehrkräfte übertragen.
Fazit und Forderungen
Nicht nur aus fachwissenschaftlicher Perspektive, sondern auch aufgrund der rechtlichen Bestimmungen, wie sie etwa für Deutsch-Integrationskurse gelten, ergibt sich zwingend, dass mit der unmittelbaren Lehrtätigkeit nur ein beschränkter Teil der Gesamtarbeitszeit von DaF*DaZ-Lehrkräften umschrieben wird. Für eine erfolgreiche Lehrtätigkeit ist vielmehr eine Vielzahl an unterrichtlichen Zusammenhangstätigkeiten vorauszusetzen.
Wir fordern daher, dass diese unterrichtlichen Zusammenhangstätigkeiten in allen Kollektiv- und Arbeitsverträgen für DaF-/DaZ-Lehrkräfte im Bereich der Erwachsenenbildung dezidiert berücksichtigt werden und davon ausgehend
a) faire Gehaltsschemata entwickelt werden, die den Qualifikationsvoraussetzungen, wie sie für DaZ-Lehrkräfte in Deutschkursen im öffentlichen Auftrag gesetzlich vorgeschrieben sind, entsprechen und den komplexen Anforderungen des Lehrberufs gerecht werden,
b) eine Obergrenze der wöchentlich leistbaren reinen Unterrichtseinheiten verbindlich festgelegt wird. Wissenschaftliche Erhebungen machen deutlich, dass eine Vollzeitstelle für Lehrkräfte 25 Unterrichtseinheiten pro Woche nicht überschreiten sollte, um das geforderte Maß an pädagogischer Professionalität sicherzustellen.
Der ÖDaF-Vorstand
vorstand@oedaf.at
https://www.oedaf.at.
Wien, am 17. Mai 2023